Ein Erfahrungsbericht: Moodle in der Ausbildung
In europäischen Bildungseinrichtungen wächst der Stellenwert digitaler Lernformen. Sie finden zunehmend Anerkennung und Förderung. Dieser Trend lässt sich auch in den Medien erkennen. Manche üben zwar Kritik hinsichtlich der Umsetzung, die Weichen für diese Lernform werden jedoch gestellt. Dieser Prozess wurde durch die Pandemie-Prävention in den Schulen deutlich beschleunigt. Es wird verstärkt nach neuen Wegen der nachhaltigen und effizienten Wissensvermittlung gesucht. Moodle bietet hierfür einen ausgereiften Ansatz.
Ich habe Moodle in meiner Ausbildung, die ich in diesem Jahr abgeschlossen habe, kennengelernt. Die duale Ausbildung zum Mediengestalter ist bereits meine zweite Ausbildung. Zuvor habe ich bereits eine Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger absolviert, in der digitale Lernplattformen zu den damaligen Zeitpunkt noch nicht eingesetzt wurden. Weil ich beide Möglichkeiten kenne, wurde ich in der letzten Redaktionssitzung gefragt, ob ich nicht einmal hier im Blog über meine Erfahrungen berichten kann.
Die duale Ausbildung findet zu einem überwiegend theoretischen Teil in der Schule und zum anderen in einem Ausbildungsbetrieb praktisch statt. Neben der elementaren Vermittlung von Fachwissen wird in der Ausbildung sehr viel Wert auf die praktische Anwendung von Programmen für die Medienerstellung sowie die Nutzung von Kollaborationstools, aber auch die Wissensvermittlung mittels Lernplattformen gelegt.
Für mich war dies der erste Kontakt zu Systemen wie IServ oder Moodle. Meine junge Mitauszubildene sah mich etwas ungläubig an, als ich ihr das verriet. Keine meiner vorher besuchten Schulen setzte auf digitalgestütztes Lernen mittels eines vernetzten Lernsystems. Stattdessen verteilten die Lehrkräfte meist Arbeitsmaterialien als Kopie oder schickten selten Materialien via E-Mail. Ein über einen Sponsor finanzierter Klassensatz Notebooks wurde ansonsten nur zu Recherchezwecken verwendet.
Die heutigen (Berufs-)schüler*innen erfahren glücklicherweise eine bessere Anbindung und Einweisung in die nicht mehr ganz so „neuen Medien“ und wachsen wie selbstverständlich damit auf.

Warum eigentlich „Moodle“?
Die Lernplattform trägt einen einprägsamen Namen – welcher etwas an eine beliebte gekochte Teigware in der Singularform erinnert. Tatsächlich ist Moodle ein Akronym, das für „Modular Object-Oriented Dynamic Learning Environment“ (Modulare objektorientiere Lernumgebung) steht. Der australische Entwickler Martin Dougiamas wollte 1999 die damals bestehenden Lernplattformen verbessern und nicht mehr als reine Materialablageorte sehen. Es entstand ein flexibel erweiterbares System, das sich bis heute weltweit bewährt und in regelmäßigen Updatezyklen verbessert wird.
Moodle ist eine browserbasierte Lernplattform mit einem Lern-Management-System (LMS), mit der Bildungsaktivitäten digital gestaltet und organisiert werden können. Unter anderem bietet es die Möglichkeit, Kursräume zu erstellen, Arbeitsmaterialien und Lerninhalte zur Verfügung zu stellen sowie untereinander zu kommunizieren.

Die Lernumgebung wird vermehrt von Schulen, Universitäten, öffentlichen und privaten Bildungseinrichtungen aber auch – wie ich durch meine duale Ausbildung bei ICON erfahren habe – von vielen großen Firmen erfolgreich eingesetzt, um den Lernenden systematisch neues Wissen zur Verfügung zu stellen und das Erlernte in regelmäßigen Abständen abzufragen und aufzufrischen.
Lernfreiheit mit System
Im Berufsschulalltag wurde Moodle insbesondere für Lernbereiche genutzt, die ein großes Wissensvolumen beinhalten und ein eigenständiges Erarbeiten über die Schulstunden hinaus erfordern. Im Mittelpunkt standen Themen wie die Grundlagen von physikalischen Gesetzen, Farblehre, Gestaltung, die Erstellung von Webseiten, Audiotechnik, Kunstgeschichte, Marketing und Projektmanagement.
Darüber hinaus wird Moodle an meiner ehemaligen Berufsschule genutzt, um die Eigenverantwortung und Zusammenarbeit untereinander zu fördern und für den späteren Berufsalltag zu trainieren. Denn viele Firmen setzen zeitgemäße Kollaborationstools ein, um die Abstimmungen von Projekten und Vorgängen zu regeln. Da ist es als Berufseinsteiger von Nutzen, mit diesen Prinzipien und Abläufen vertraut zu sein.
Die Plattform bietet unterschiedliche Möglichkeiten, ein Lernthema abzubilden und den Präsenzunterricht zu erweitern (Stichwort: „Blended Learning“). Zu diesem Zweck werden von den Lehrkräften auf Lerngruppen abgestimmte Kursräume zu unterrichtsrelevanten Themen erstellt und Materialien in einer didaktisch sinnvollen Struktur zur Verfügung gestellt.

Die Lernbereiche werden mit unterschiedlichen Dateitypen wie Bilder, Audio, Word- und PDF-Dokumente sowie Videos oder weiterführende Links angereichert. Auch interaktive E-Learnings können in die Kursräume eingebunden werden. Die Vielfalt der gewählten Medienformate ermöglicht es den Lernenden, ein Thema im eigenen Lerntempo mit unterschiedlichen Formaten praktisch nachzuvollziehen. Dies hat mir beispielsweise beim Erlernen von Scriptsprachen für die Erstellung von Webseiten geholfen. Ich konnte die Videos zu jeder Zeit anhalten und wiederholen. Abschnitte mit eingebundenen Code-Beispielen gaben Aufschluss über spezielle Funktionen. Ich konnte auf diese Weise im selbst gewählten Rhythmus eine komplette Webseite eigenhändig nachbauen und hatte einen größeren Lernerfolg als wenn ich mir das Video nur angeschaut oder einen Anleitungsartikel gelesen hätte.
Das erlernte Wissen abfragen
Eine von unseren Lehrer*innen gerne und häufig genutzte Funktion war die Wissensabfrage mittels Quiz. Dies ermöglichte uns Schüler*innen, unser Wissen regelmäßig zu Stundenbeginn zu überprüfen und bot den Lehrer*innen die Grundlage für die Benotung. Wir begaben uns dazu in die IT-Räume der Schule, schalteten die Schulrechner ein, öffneten einen Browser und loggten uns auf einer Anmeldeseite von Moodle mit unseren Schüler-Zugangsdaten ein. Unsere Lehrkraft hatte das Quiz zu diesem Zeitpunkt automatisch freigeschaltet.
Um das Abschreiben der Schüler*innen untereinander zu vermeiden, wurde ein sogenannter Fragenpool mit unterschiedlichen Fragetypen wie Single- und Multiple-Choice, Drag & Drop, Dropdown-Menüs aber auch Fragestellungen mit Freitext-Antwortmöglichkeiten erstellt. Wir fanden so im Test nach Zufall ausgewählte Fragen in unterschiedlicher Reihenfolge vor.
Tipp: Wenn Sie mehr über die verschiedenen Moodle-Fragetypen erfahren möchten, finden Sie hier eine nützliche Auflistung und hier einen Blogartikel zu ihrer Anwendung. ICON steigert durch eine gezielte Zusammenstellung der Quizpools den Lernerfolg der Lernenden. Sie wollen die Learning Experience ihrer Zielgruppe auch steigern? Sprechen Sie unsere erfahrenen E-Learning-Autor*innen an.
Die zeitlich begrenzte Abfrage erfolgte im Beisein der Lehrkraft, da auch verhindert werden musste, dass die Schüler*innen einen zusätzlichen Browser-Tab zu Recherchezwecken nutzen und Fragen via Copy & Paste beantworteten. Ich könnte mir vorstellen, dass man dies mithilfe eines eingeschränkten Benutzerprofils auf dem Schulrechner in Zukunft ausschließen könnte.
Während des Tests zeigten eine Zeitanzeige sowie eine Fortschrittslegende den individuellen Status. Die Fragen konnten linear oder in freigewählter Reihenfolge beantwortet werden. Nach der Beantwortung aller Fragen wurde das Quiz ausgewertet. Zusätzlich bekamen wir noch ein individuelles Feedback unserer Lehrkraft, um unsere Leistungen einschätzen zu können. Eine Übersichtsseite zeigte zudem detaillierte Auswertungen zu den eigenen Tests sowie auch Zwischen- und Abschlussbenotungen mehrerer Fächer an.

Ein modularer Aufbau
Das bausteinartig / modulartig erweiterbare Grundsystem von Moodle ermöglicht die Anpassung an individuelle Lehr- und Lernbedürfnisse. Durch ICON habe ich erfahren, dass es auch gute Moodle-Schnittstellen für den Einsatz von Individuallösungen gibt, welche natürlich von fachkundigen Entwicklern auf die Bedürfnisse abgestimmt programmiert werden müssen.

Aufgrund der begrenzten Zeit war es uns während der Ausbildung nicht möglich, alle Module vollständig kennenzulernen. So haben wir beispielsweise mit dem Aufbau einer kollektiven Wissensdatenbank zum Thema Drucktechnik in Form eines Glossars begonnen. Dies hätte man über die Jahre zu einem umfangreichen Wissenspool in Form eines Wikis erweitern können. Außerdem hätte mich noch die Nutzung von E-Learnings mit Zertifikatserwerb, Video-Calls, Foren, Chat-System, Kalender für die persönliche und / oder gemeinsame Planung, Abstimmungen und Umfragen interessiert.
Moodle erfuhr während meiner Ausbildung einen großen Versionssprung. Das Update führte ein verbessertes Dashboard ein und bot nun aufbereitete Informationen zu Ergebnissen, Gruppenarbeiten und neuen Lernfunktionen an. Die gesamte Oberfläche wirkte moderner und übersichtlicher und wurde mit dem Farbschema der Schule sowie entsprechender Wort-Marke individualisiert. Ich kann mich erinnern, dass sich außerdem der Ladeprozess nach dem Update auch wesentlich schneller verhielt.
Tipp: Der letzte Versionssprung von Moodle hat viele Verbesserungen für die User und Verwalter gebracht – sowohl in der Benutzeroberfläche als auch „unter der Haube“ des LMS. Ein Update auf die neueste Moodle-Version lohnt sich daher – nicht zuletzt für mehr Datensicherheit. Lassen Sie sich gerne durch einen Experten von ICON hierzu unverbindlich beraten.
Jederzeit, an jedem Ort?
Moodle kam bei uns nicht nur an den Berufsschultagen zum Einsatz. Obwohl das System auf dem schuleigenen Server läuft, hatten wir auch jederzeit von zu Hause aus oder im Ausbildungsbetrieb Zugriff auf unseren Bereich innerhalb von Moodle. Geregelt wurde dies durch Lehrkräfte mittels Zugangsverwaltung. Wissensabfragen wurden aus den oben genannten Gründen nur in der Schule absolviert.
Praktisch war, dass wir Hausaufgaben oder Langzeit-Projektarbeiten über eine Upload-Funktion abgeben und anschließend von der Lehrkraft auswerten lassen konnte. Ich behielt auf diese Weise den Überblick über anstehende und abgeschlossene Aufgaben, die teilweise mit einer Einreichungsfrist verbunden waren. In meinem Berufsalltag gehören diese Vorgänge fest zu Projektabläufen und zur Kundenkommunikation, da hilft es mir, dass ich dies schon trainiert habe.

Neue Strategien
Im April 2020 sollte nach drei Jahren meine schriftliche und praktische Abschlussprüfung erfolgen. Doch im März kam bekanntlich der Lockdown und die Schule war gezwungen schnell Maßnahmen zu ergreifen, den Präsenzunterricht auszusetzen und alle Prüfungen zu verschieben. Schnell verlagerte sich der Unterricht und die Prüfungsvorbereitung überwiegend in häusliche Zoom-Calls, die einen Lehrer*innen-Schüler*innen-Austausch aufrechterhielten. Diese Form der Zusammenkunft erforderte von allen Beteiligten eine geduldige sowie abgestimmte Kommunikation und pendelte sich nach einigen Übungsläufen gut ein.
Für meine Prüfungsvorbereitung in der Zeit der Schulschließung habe ich überwiegend Bücher, Videoanleitungen sowie handgeschriebene Unterrichtsmaterialien genutzt. Das ist wohl in meinem Lerntyp begründet. Trotzdem habe ich gelegentlich Nachrichten und Lernmaterialien über Moodle mit Lehrer*innen und Mitschülern*innen ausgetauscht. Die Abschlussprüfung konnte im Mai und Juni stattfinden.

Berufsschüler*innen nachfolgender Jahrgänge (auch von anderen Schulen) haben mir berichtet, dass Lehrpläne umgestellt und Blockunterricht in einzelne Berufsschultage aufgeteilt wurden. Die Nutzung von Moodle-Systemen habe sich dadurch in den Folgemonaten nochmal intensiviert und bestehende Lernbereiche wurden erweitert. Schüler*innen konnten so auch zwischendurch eigenständig Aufgaben nachkommen und erlitten so keine Lernverzögerung.
Was bleibt noch zu sagen?
Ich bin von der vielseitigen Anwendung im Laufe der Ausbildung überzeugt worden und nutzte Moodle irgendwann wie selbstverständlich. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass das Lernsystem eine intuitive Struktur aufweist, stabil auf gewarteten Schulrechnern mit guter Netzwerkanbindung läuft, eine große Funktionsvielfalt und Anpassbarkeit aufweist und nach meiner Beobachtung gerne von Lehrer*innen und Schüler*innen eingesetzt wird.
Aus eigener Erfahrung ist auch zu erwähnen, dass digitales Lernen von zu Hause noch etwas mehr Selbstdisziplin und Bereitschaft erfordert als Präsenzunterricht in Gemeinschaft. Wenn ich mir die Informationen aus den verschiedenen Kanälen selbst zusammengesucht habe, konnte ich feststellen, dass ich oft vom eigentlichen Thema abgekommen bin oder Umwege genommen habe. Daher war ich meist auch sehr dankbar, wenn ich ein Thema von meinen Lehrer*innen in übersichtlichen Lernpaketen gut aufbereitet auf Moodle vorfand.